Im Reigen der Spinnwerker gehöre ich zu denen, die mit Worten spielen. Ich lasse sie zur „Musik“ von Malern „tanzen“ und nenne das dann „Bildergedichten“.

Vor Jahren hatte ich die Idee, zu Weihnachten einen Kalender zu verschenken, den ich aus alten Kunstkalenderblättern zusammenstellen wollte. Ich entfernte das Kalendarium und wollte den Gemälden Gedichte an die Seite stellen, die auf ihre Weise die Stimmung der Bilder widerspiegeln, um dem Ganzen noch eine kleine Besonderheit hinzuzufügen. Ich durchsuchte stapelweise Lyrikbände, fand aber keine passenden Gedichte. 

Was tun? Die Idee aufgeben? Oder selber machen? Ich entschied mich für das Selbermachen - und fand damit einen spannenden Weg, mich mit bildender Kunst auseinanderzusetzen. Der Maler hat sein Gefühl im Bild ausgedrückt, und ich formuliere das, was er in mir zum Klingen bringt. Ob das auch wirklich sein Gefühl war? Das weiß ich nicht. Ob das kunsthistorisch korrekte Interpretationen sind? Auch das ist fraglich. Und ganz sicher sind meine Wortresonanzen auf die Bilder nicht allgemeingültig. Aber dass das Schwingen von Bild zu klingendem Wort ein faszinierender Weg ist, sich mit Kunst vertraut zu machen, das kann ich nach vielen lyrischen Begegnungen mit Bildern bezeugen.

Und dem Betrachter und Leser meiner Bild-Wort-Paare wünsche ich, dass er mir folgen kann und dabei ebenso viel Freude am Lächeln und Seufzen, an praller Lust und herber Erkenntnis hat, wie ich.

 

Kontaktdaten:

Regina Hilsberg

Steinbreite 1, 34346 Hann. Münden

Tel. 05541–71529
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Hier sind ein paar Beispiele für meine Konvoluten, die entweder themengebunden entstanden sind, oder jeweils 12 Gemälde aus einem bestimmten Museum umfassen:

 

Museumslandschaft Kassel, Neue Galerie

Carl Bantzer, Waldspaziergang, 1913

Tanz, tanz, Elisabeth,
die Erde blüht,
Tanz, tanz, Elisabeth,
das Schwere flieht,
zieh in den Wald hinaus,
fliege im Schwung
lass heut den Acker ruhn,
heut bist du jung.
Heut macht der Wald dich frei,
dich und Marlen,
heut macht das Buchenlaub
die Schürzen schön,
Malt Glanz und Schimmer
aufs bunte Kleid,
nur fort aus dem Zimmer,
der Abend ist weit.
Heut müsst ihr lachen
heut soll es so sein,
denn morgen fängt euch
die Erde ein.
Die Erde, die schwarze,
lässt euch nicht gehen,
nur heute ist
der Blumenstrauß schön.

 

Landesmuseum Oldenburg

Georg Bernhard Müller vom Siel, Dorfstraße, um 1905

Mittagslicht tropft
durch lächelndes Laub,
es rinnt die Spur durch den Sand.

Es ist noch nicht lang,
da gingen wir hier,
und gaben uns leise die Hand.

Am Zaun unter Bäumen
hast du gesagt
du wolltest nicht von mir gehen.

Wir standen beisammen,
dann musstest du fort,
und ich blieb gedankenvoll stehen.

Du tratest ins Helle,
du folgtest der Spur,
das Haus nahm dich fort aus dem Blick.

Wie oft hab ich seitdem
am Zaun gelehnt,
doch du, du kamst nicht zurück

 

Museum der bildenden Künste, Leipzig

Hugo von Habermann, Bildnis einer jungen Dame, 1889

Was ist denn das?
Hat sie den hier vergessen?
Den Brief, von dem sie so erregt mir sprach?

Den von dem Herrn
auf den sie so versessen,
dass sie mit dem, dem sie versprochen, brach?

O du mein Gott,
kann ich den jetzt mal lesen?
Nein, nein, ich weiß wohl, das gehört sich nicht.

Und wenn ich’s tät?
Wär’s doch ganz unbemerkt gewesen,
wo keiner klagt, da gibt es kein Gericht.

Soll ich es tun?
Es brennt mich in den Händen,
ich leg ihn doch genauso wieder hin.

Doch wehe mir,
wenn mich die Mädchen fänden,
die hätten nichts als bösen Tratsch im Sinn.

Da ist der Brief,
dem Pompadour entglitten.
Sie war so fahrig, aufgewühlt und heiß.

Halt ich es aus?
Bewahr die guten Sitten,
wenn ich von dem da auf dem Tischchen weiß?

 

Städel Museum, Frankfurt am Main

Edvard Munch, Eifersucht, 1913

dornen im Herzen
schamrote glut
beißende Pein
und ätzende wut
der rausch ist zerfressen
verschattet der schoß
es legt die lüge
die eitelkeit bloß

wer hat hier betrogen
wer hat hier verehrt
wer hat hier gelogen
wer hat hier begehrt

dornen im herzen
schamrote glut
die beißende pein
macht es nicht gut
die liebe zerrinnt
im gierigen schoß
und legt die habsucht
der herzen bloß

 

Neue Pinakothek, München

Max Slevogt (1868-1932), Feierstunde (1900)

fremde nähe zwischen dir und mir
deine hand fragt zaghaft
meinen schoß

die arbeit ächzt noch schwer
In deinen gliedern

wehe weite
zwischen mir und dir
ermattet zögert meine hand
noch ohne mut

die mühe wohnt noch still
in meinem leib

erschöpfte liebe
lastet über dir und mir
der himmel wartet noch
auf unsere glut

 


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